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Die Kampfdarstellungen der spätmittelalterlichen Epik – Fiktion oder Abbilder ihrer Zeit?

Die Kampfdarstellungen der spätmittelalterlichen Epik – Fiktion oder Abbilder ihrer Zeit?

Autor - Benjamin Kettner

Einleitung

Moderne Filme zeigen gerne ein Bild des Mittelalters, welches es nie gegeben hat. Auch die kämpferischen Darstellungen stellen hierbei keine Ausnahme dar. Bereits Museen nutzen Fantasyfilme als Vergleichswert und bezeichnen Filme wie den Herrn der Ringe als modernen Ritterfilm.[1] Doch wie sollten Gestalten, die einer anderen Welt entspringen den Regeln des europäischen Rittertums folgen? Auch die Bezeichnung selbst macht sie nicht zu solchen oder wer würde die Jedi-Ritter aus Star Wars mit den Rittern der Kreuzzüge des 11. Jahrhunderts zu vergleichen versuchen?

Diese Darstellungen erzeugen einen Schein, der nicht das gegebene widerspiegelt, doch wie verhält es sich mit Texten, die bereits dem Mittelalter entstammen? Können diese eine Authentizität liefern, nur weil es sich bei diesen um Zeitzeugen handelt? Dieser Frage will diese Arbeit primär nachgehen. Das Quellenwerk, an der eine Untersuchung stattfindet ist das Eckenlied. Dieses Werk der Dietrichepik bietet sich an, da es Elemente der Epik und des höfischen Romans vereint, sowie eine ausführliche Kampfbeschreibung beinhaltet, die auf Authentizität untersucht werden kann. Sie ist ähnlich detailliert wie die Artusromane Hartmanns von Aue und nicht so oberflächlich wie es zB. Der Huge Scheppel ist: „den ersten den er traff | den slug er zuo | der erden.“[2] Eine solche Aussage lässt sich hinsichtlich des genauen Kampfablaufs nicht betrachten. Die Dietrichepik ist jedoch nicht bloss wegen ihrer höheren Genauigkeit der Beschreibung interessant, sondern auch aus entstehungszeitlichen Gründen. Es handelt sich um eine etwas spätere Erzählung des 13. Jahrhunderts, die den Fechtbüchern, die in den Folgejahrhunderten erschienen noch näher ist. Diese bilden das Gegenstück des Vergleichs. Mit Fechten im modernen Verständnis teilen diese jedoch nichts. Der moderne Sportdegen ist aus den alten Waffen hervorgegangen, doch der Begriff blieb derselbe, so dass auch der Kampf mit dem Schwert als Fechten bezeichnet wird. Dieses Verständnis von Fechten hat sich bereits im Mittelalter in Form eines lexikalischen Wandels gezeigt. So wurde der Begriff vehten für kämpfen, vermehrt vom allgemeineren Begriff striten verdrängt, behielt seine kämpferische Semantik jedoch in Bezug auf den Kampf mit Blankwaffen.[3]

Da die Waffen als auch die Rüstung der Ritter ständigen Veränderungen unterworfen waren, müssen diese erst erfasst werden, um eine Aussage über die Darstellung im literarischen Text machen zu können. Somit beschreibt diese Arbeit in einem ersten Schritt die Werte und Normen von höfisch-literarischen Rittern und ihren historischen Vorbildern, bevor sie auf die Fechtbücher eingeht. Diese zu erfassen ist rein technisch uninteressant, doch spielt die Motivation in den mittelalterlichen Aventiuretexten eine entscheidende Rolle. Deswegen soll der Kämpfer nicht nur äusserlich betrachtet werden, sondern auch sein Verhalten und seine Werte, was ebenfalls einen Einfluss auf die Kampfart haben kann.

Die Fechtbücher, die für die rein technische Komponente stehen, vermitteln in erster Linie, wie korrekt gekämpft werden sollte und sind vordergründig als Anleitungen zu verstehen. Dass dies jedoch mit Problemen verbunden ist, zeigt sich bereits durch die nahe Sprachstufe und Verwandtschaft zur heutigen Kultur. Dies erzeugt eine trügerische Sicherheit.[4]

Die älteste Version dieses Schrifttypus, das I.33, wurde nicht wie zu erwarten wäre von einem Ritter oder Adligen verfasst, sondern von einem Mönch. Es existieren noch weitere Berichte über fechtende Mönche, wie Ilsam[5] oder Hanko Döbringer, einem Schüler Liechtenauers. Sie alle zeigen, dass eine Verwandtschaft des christlichen Glaubens und dem Fechten keine Unvereinbarkeit darstellte. Nein vielmehr, so dass den Glauben mit dem Schwert zu bringen, keine Seltenheit war. Eine starke Ausformung zeigt sich schliesslich in den Ordensrittern, die nach strengen Glaubensregeln lebten und zugleich das Schwert zu führen wussten. Im späten 14. Jahrhundert schliesslich machte sich Johannes Liechtenauer auf, das Wissen über das Fechten seiner Zeit zusammen zu tragen, weshalb dieser Fechtmeister nach einer allgemeinen Vorstellung der Fechtbücher, ebenfalls genauer beschrieben wird. Sein Anspruch ritterliches Fechten zu vermitteln, erscheint auf den ersten Blick abwegig. Er lehrte nicht den Kampf mit Schwert und Schild, sondern denjenigen mit dem deutschen Langschwert, dem Schwert zu „Anderthalb Hand“.[6] Die Handschrift 44 A8 von Peter von Danzig gilt als eines der ausführlichsten Werke über die Lehren Liechtenauers und wird somit viel als Vergleichsquelle beisteuern. Nachdem die Vorlagen genauer beschrieben wurden, werden Besonderheiten in den Kampfdarstellungen zwischen Dietrich und Ecke, den Kontrahenten des Eckenlieds, hervorgehoben um sie in einem weiteren Kapitel mit den Vorbildern zu vergleichen. Somit sollte eine genauere Aussage über deren Einfluss auf die Beschreibung der Geschichte möglich sein, um vielleicht die strikte Trennung zwischen historischen Werken und Literaturwissenschaftlichen etwas weiter zu entschärfen.


[1]              Ausstellung: Echte Burgen falsche Ritter im HMB – Museum für Geschichte / Barfüsserkirche in Basel [15.11.2013 – 29.06.2014].

[2]              Huge Scheppel, 12r Z. 32.

[3]              Hills, 1985, S. 256.

[4]              Wilkens, 2014, S. 1.

[5]              Eckehard, 1989, S. 198.  (Entzauberung der Welt)

[6]              Hills, 1985, S. 288.

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